Nasse Rache
„Nein, es war falsch!“, denkt Marianne, während sie die dunkle Straße
entlangrennt. „Ich
hätte mich nicht dazu überreden lassen sollen. Warum hab ich das bloß
gemacht??? Was
kann denn Herr Müller dafür, wenn Klara schlecht in der Schule ist?!
Sie hätte damit
rechnen müssen, dass er ihr eine schlechte Note gibt. Aber jetzt ist es
eh zu spät, ich kann
nicht mehr zurück. Ach Mensch, ich bin echt so ein Angsthase. Was soll
denn schon
passieren?! Ich geh jetzt einfach nach Hause und tue so, als wäre
nichts passiert. Und selbst
wenn herausgefunden wird, wer es war, ich hab doch gar nicht richtig
mitgemacht. Ich hab
nur Wache gehalten. Okay, ohne mich wären die anderen aus der Clique
fast erwischt
worden und es wäre gemein, sie im Stich zu lassen, aber trotzdem...War
ja auch nicht meine
Idee. Ich war eigentlich auch dagegen gewesen. Ich bin nicht schuld!!!“
Marianne läuft noch etwas schneller. „Ich muss mich beeilen, meine
Kaninchen brauchen ja
noch ihr Futter... Oh mein Gott, Kaninchen!!!!!!!!!! Herr Müller hat
auch ein Kaninchen! Es
wird ertrinken, hat Markus gesagt, weil er es extra auf den
Küchenfußboden gestellt hat.
Dabei hat er dann auch noch so abfällig gelacht. Aber damals habe ich
ihm noch gar nicht
richtig zugehört, weil ich so Angst hatte, dass man uns erwischt. Und
jetzt wird es ertrinken,
nur wegen einer schlechten Geschichtsnote. Und Geschichte ist nicht
einmal ein
Hauptfach... Nein , das darf nicht passieren!!Das arme Tier. Ich muss
zurück. Egal was die
anderen sagen werden, wenn sie das mitbekommen, auch wenn sie mich aus
der Clique
werfen. Es wird mir so langsam sowieso etwas zu viel, was dort abgeht.
Das Kaninchen darf
nicht sterben, und auch wenn es nicht stirbt, weil das Wasser nicht so
hoch kommt, könnte
es Schäden davon tragen. Das ist es nicht wert. Ich hol es jetzt da
raus!!!“
Marianne dreht sich abrupt um und läuft so schnell sie nur kann zurück
zu Herrn Müllers
Wohnung. „Direkt in der Küche. Der Stall steht direkt in der Küche auf
dem Boden. Es
dauert nicht mehr lange und das arme Ding hat den ganzen Stall voller
Wasser. Ich darf gar
nicht dran denken. Schneller, verdammt ich muss schneller laufen! Denk
an das Kaninchen,
Marianne, du musst schneller laufen. Ah, endlich dahinten steht das
Haus... Aber wo war
denn noch mal die Wohnung? Ach ja, links hinten im Erdgeschoss. Komisch
dass keiner der
Nachbarn etwas gemerkt hat... Aber das ist jetzt nebensächlich, jetzt
zählt nur noch das
Kaninchen.“
In aller Eile stößt Marianne die Wohnungstür auf, die brutal mit dem
Brecheisen
aufgebrochen worden war. „Gut, so viel Wasser ist noch nicht
übergelaufen.“ Auf der Suche
nach der Küche kommt Marianne im Badezimmer vorbei. „ Oh Gott, hier
sieht es ja
wirklich schlimm aus. Am besten ich dreh hier erst einmal das Wasser
ab. Die anderen
haben ja ganze Arbeit geleistet. Es war echt eine Schnapsidee Herrn
Müllers Wohnung
unter Wasser zu setzen. So das wäre geschafft , jetzt aber schnell in
die Küche! Wo war die
noch gleich?“ Hektisch läuft sie aus dem Bad und sieht sich um. „ Ah
hier, gleich nebenan,
wie praktisch. Und da ist ja auch der Stall. Sehr gut, noch kein Wasser
im Käfig.“ Schnell
geht Marianne zum Wasserhahn und dreht ihn ab. „ Na komm mal her mein
Kleiner. Am
besten ich stell dich auf die Ablage, damit du auch wirklich ganz
trocken bleibst. Ich stell
nur noch mal schnell die beiden Schläuche ab, die über das Fenster noch
mehr Wasser
hereinbringen!“, sagt Marianne zu dem Kaninchen und dreht die beiden
Schläuche ab. „ Ich
kann das hier nicht alles alleine sauber machen, das schaffe ich
nie...“ überlegt sie. „ aber
einfach stehen lassen ist doch auch bescheuert. Was mach ich jetzt nur?“
Plötzlich gibt es ein Geräusch an der Tür. „Oh mein Gott, was ist denn
hier passiert? Hallo,
ist da jemand? Iiih hier ist ja alles ganz nass!“ „Oh nein Herr Müller!
Er ist zu früh aus dem
Urlaub zurückgekommen. Was mach ich den jetzt nur? Die anderen
verpetzen? Nein! Aber
für alles alleine gerade stehen?“