Dialog zwischen Knudsen und Brägevoldt


Brägevoldt:    Mensch, Genosse Knudsen, gut, dass ich dich gefunden habe! Die Partei schickt mich. Es gibt Neuigkeiten.

Knudsen:        Ach, Brägevoldt, ich will mit dem ganzen Mist nichts mehr zu tun haben.

Brägevoldt:    Aber diesmal ist es wirklich eine super Sache. Hast du schon mal was vom Fünfergruppensystem gehört? Das ist das …

Knudsen:        Pah! Fünfergruppensystem! Versuch mal hier in Rerik `ne Zweiergruppe zu gründen, das ist schon ein Ding der Unmöglichkeit. Die haben doch alle den Schwanz eingezogen. Kaum verliert die Partei ein bisschen an Einfluss, sind sie alle weg. Fünfergruppensystem, so ein Schwachsinn!

Brägevoldt:    Nun ja, du hast vielleicht Recht, Genosse Knudsen, aber wir können nicht alle den Kopf in den Sand stecken oder den Schwanz einziehen, wie du es nennst. Dann ist es ja kein Wunder, dass es mit der Partei bergab geht!

Knudsen:       Und was verlangst du jetzt von mir? Ich soll hier alles aufs Spiel setzen, nur um etwas zu retten, was total am Boden liegt. Die Partei ist am Ende. Die Anderen haben es geschafft. Sie haben uns zerdrückt und die Luft zum Atmen genommen. Das musst du doch sehen. Wir haben versagt! Es gibt die Partei nicht mehr. Ende. Aus. Schluss. Ein für alle mal! Die Anderen sind in so kurzer Zeit so stark geworden. Sie haben uns. Sieh es ein.

Brägevoldt:   Wenn es die Partei nicht mehr gibt, wie du sagst, woher stammt dann das neue Fünfergruppensystem? Dadurch können wir wieder Fuß fassen und wieder Land gewinnen. Und das ist nur der Anfang. Wir werden wieder ganz groß! Vertraue mir.

Knudsen:        Ach, hör doch auf! Weißt du eigentlich, wie schwer es ist im Untergrund zu arbeiten? Hier an der Küste kennt jeder jeden. Jeder Schritt wird hier genau beobachtet, jede Bewegung registriert… Das ist nicht wie in der Stadt, wo man einfach untertauchen kann.

Brägevoldt:    Ja genau, und deshalb müssen wir, die wir noch an das einzig Wahre glauben, die Parteiarbeit vorantreiben, damit wir aus dem Untergrund herauskommen.

Knudsen:        Brägevoldt, du hast mich nicht verstanden. Es gibt sie nicht mehr!
Außerdem habe ich Angst. Sie waren hier, die Anderen, und haben mich erpresst. Ich soll Ruhe geben. Ich soll mich aus all den Parteiangelegenheiten raushalten, sonst kommen sie und nehmen mir meine Bertha weg. Meine hübsche, liebe Bertha. In eine Anstalt! Weißt du was sie mit denen machen, da in so einer Anstalt? Das letzte Mal war es schon verdammt knapp. Zum Glück hat der Doktor es noch einmal verhindern können. Ich weiß nicht, was ich ohne meine liebe Bertha tun würde.
Aber verstehst du jetzt, was ich meine? Selbst wenn ich wollte, und wenn es noch nicht zu spät wäre, ich könnte nichts tun. Ich stehe bei denen doch schon auf der Liste. Die Anderen haben mich in ihrer Gewalt, weil sie mir meine Bertha nehmen können.
Ich bin hier sowieso schon bekannt als der „Rote Hund“. Wenn ich jetzt noch etwas unternehme, dann bin ich dran. Im Grund will ich sowieso nur rausfahren und meine Fische fangen. In meinen Fingern juckt es schon. Ich kann es kaum erwarten, den Dorsch in den Händen zu halten.

Brägevoldt:     Das bist doch nicht du, Genosse Knudsen!

Knudsen:       Doch, das bin ich! Ich bin mein Leben lang der Partei treu geblieben und ich habe viele Gefahren auf mich genommen und auch Enttäuschungen erlebt. Hast du von den vielen Verhaftungen in Rostock und Wismar, eigentlich an der ganzen Küste, gehört? Die Partei ist im Eimer. Sie hat versagt und wir mit ihr. Du solltest dich damit abfinden!

Brägevoldt:    Was ist nur los mit dir? Wie auch immer. Ich muss dir trotzdem die Nachricht überbringen. Übermorgen sollst du den Instrukteur in der St. Georg Kirche treffen. Um 16 Uhr. Ach ja, Genosse Knudsen, wenn wir nichts mehr tun, dann gibt es die Partei wirklich nicht mehr. Alles hängt von dir ab. Gehe hin und hör dir an, was der Instrukteur zu sagen hat. Kopf hoch, Genosse! Wir schaffen das!


Ann-Katrin