Coole Ferien


Na, toll!!! Endlich sind Ferien und meine Eltern müssen auf eine Geschäftsreise. Und ich muss zu meinem Onkel. Mama hat mir erzählt, dass er total streng und spießig sei soll, na ja sie hat es zumindest so ähnlich gesagt. Außerdem ist er schon über 70 und vermutlich ziemlich langweilig. Das werden die besten Ferien meines Lebens. In diesem Moment fuhr das Auto meiner Eltern über ein Schlagloch und ich erwachte aus meinen Gedanken. „Wir sind gleich da, Mary“, erklang die Stimme meiner Mutter, „ bitte benimm dich bei Onkel Hugo, ja? Vergiss nicht deine gute Erziehung.“

„Ja, ja! Ich und meine gute Erziehung! Ich hasse es, aus einer reichen Familie zu kommen. Immer ordentlich aussehen, immer gut benehmen. Und bei Onkel Hugo wird das bestimmt auch nicht besser!“ dachte ich.

Dann blieb das Auto vor einem alten Gartentor stehen. Ich stieg aus und mein Vater gab mir meine Koffer. Dann gaben meine Eltern mir einen Kuss. „Bis in zwei Wochen mein Schatz“, meinte meine Mutter. Und dann fuhr das Auto weiter.

Ich öffnete das Gartentor. Es quietschte fürchterlich. Ich ging den langen Kiesweg entlang. Der Garten drumherum war verwildert und zugewachsen. Und dann sah ich das Haus. Es war eine alte Villa. Sie sah verkommen aus. Der Putz und die Farbe blätterten von den Wänden. Auch die große Eichentür, vor der ich jetzt stand, sah ziemlich mitgenommen aus. Ich klopfte vorsichtig an. Die Tür öffnete sich und mir stand eine kleine, etwas rundliche Frau gegenüber. Sie sah mich grimmig an und grummelte: „Ah du musst die Nichte des gnädigen Herrn sein.“ Ich nickte. „Ich bin Frau Meier, die Haushälterin. Also ich mach dich kurz mit den Regeln in diesem Haus bekannt und zeige dir dann dein Zimmer. Also, in den Fluren wird weder gerannt, noch laut herum geschrieen. Der gnädige Herr darf nicht gestört werden. OK?“ Ich nickte wieder und dachte: „Na das werden ja ganz tolle Ferien!!!“ Ich folgte ihr durch etliche Gänge. „So, das ist dein Zimmer. Ich rufe dich nachher zum Abendesse. Bis dahin bleibe bitte in deinem Zimmer.“ Sie schloss die Tür und ging. Ich sah mich um. Das Zimmer war in weiß und einem graulichen Rosa gehalten. Es stand ein Bett, ein Schrank und ein Tisch mit zwei Stühlen darin. Ich packte meine Koffer aus und räumte meine Sachen in den Schrank. Dort lagen außerdem ein paar Spiele. Es waren Gesellschaftsspiele. „Und wie soll ich die alleine spielen?“, fragte ich mich selbst. Dann ging ich zum Fenster und sah in den hinteren Teil des Gartens. Er war im Gegensatz zum vorderen Teil gepflegt und wunderschön.

Die Zeit verging langsam, aber schließlich klopfte es und Frau Meier trat ein: „ Du wirst mit dem gnädigen Herrn zu Abend essen. Wasch dich und zieh dich ordentlich an. Der gnädige Herr erwartet dich um sechs im Speisesaal.“ Dann ging sie wieder. „Genau wie zu Hause“, dachte ich. Aber dann wusch ich mich und zog mir ein hübsches Kleid an. Ich irrte durch die vielen Gänge und merkte, dass ich mich verlaufen hatte. „Muss ich hier rechts oder links abbiegen?“ Ich bog rechts ab und gelangte noch gerade pünktlich zum Speisesaal.

Mein Onkel saß schon am Tisch. Er hatte krauses Haar und irgendwie erinnerte er mich an Albert Einstein. Ich machte einen Knicks und trat ein. Ich setzte mich neben ihn. In diesem Moment kam Frau Meier mit dem Abendessen herein. Sie setzte sich mir gegenüber, sagte: „Guten Appetit“, und wir begannen zu essen. Plötzlich fragte mich mein Onkel mit einer überraschend freundlicher Stimme: „Auf welche Schule gehst du, Marylin?“ „Ich habe einen Privatlehrer“, antwortete ich. Ich unterhielt mich den ganzen Abend mit ihm. Er war soweit eigentlich ganz nett.

Später sagte er: „Oh, es ist schon spät. Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt ins Bett gehst. Ich nickte, wünschte ihm und Frau Meier eine „Gute Nacht!“, und ging. Als ich schließlich in meinem Zimmer war, ich hatte mich wieder Verlaufen, legte ich mich totmüde in mein Bett und war sofort eingeschlafen.

Der nächste Tag verlief wie der erste sehr langweilig. Ich musste wieder auf meinem Zimmer bleiben, aber dieses Mal dachte ich darüber nach, ob die Ferien vielleicht doch nicht so schlecht werden würden.

Abends nicht ganz pünktlich um sechs kam ich zum Speisesaal. Ich hatte mich schon wieder verlaufen!!! Doch als ich die Tür öffnete, saß da niemand. Plötzlich hörte ich ein Scheppern und ein Fluchen aus einem der hinteren Räume. Ich ging dem Fluchen nach und stand schließlich in der Küche.

Ich sah meinen Onkel, er lief umher und schien etwas zu suchen. „Was ist denn los?“, fragte ich etwas verwirrt. „Eine Katastrophe! Frau Meier hat heute Abend frei und hat vergessen uns etwas zum Essen zu kochen. Was um Himmels Willen sollen wir jetzt bloß machen?“ Ich musste lachen. Er sah, so durcheinander wie er war, einfach komisch aus. „Wie wär's, wenn wir uns 'ne Pizza bestellen!“ schlug ich vor. „Das ist eine tolle Idee!!“, antwortete er erfreut. Er ging zum Telefon, nahm den Hörer ab, überlegte kurz und legte wieder auf. „Und, wie mach ich das?“, fragte er mich. Da musste ich noch mehr lachen. Dann nahm ich ihm das Telefon aus der Hand und bestellte uns zwei Pizzen. Eine Viertelstunde später saßen wir dann beim Essen. Zu meiner großen Überraschung nahm er die Pizza in die Hand und aß nicht mit Messer und Gabel! Ich tat es ihm gleich, denn zu Hause durfte ich das nicht.

Nach dem Essen wollten wir ins Wohnzimmer gehen, als er mich am Arm antickte und rief: „Tick, du bist!“ Dann lief er die Treppe hinauf. Ich sah ihm verdutzt hinterher und nahm dann die Verfolgung auf. Er war ganz schön schnell für sein Alter. Ich jagte ihn durch das ganze Obergeschoß, bis wir wieder die Wendeltreppe erreichten. Ehe ich mich versah, legte er sich auf das Treppengeländer und rutschte es hinunter. Sprachlos rutschte ich hinterher. Unten angekommen bekam ich ihn endlich zu fassen. Obwohl wir kaum noch Luft bekamen, lachten und lachten wir. Dann meinte er: „So viel Spaß hatte ich lange nicht mehr! Wir müssen nur aufpassen, dass Frau Meier nichts mitbekommt. Sie verbietet nämlich alles, was Spaß macht. „Wann kommt die denn wieder?“ „Morgen Abend“, antwortete Onkel Hugo „Weißt du, was wir morgen machen? Wir gehen morgen am See baden, ja?“ „Oh, das wird toll!!“

Am nächsten Tag machten wir genau das, was wir abends besprochen hatten. So ging es die ganzen Ferien. Immer wenn Frau Meier Einkaufen war oder frei hatte, machten wir alles Mögliche an Unsinn, wie z.B.: Eine Tortenschlacht, eine Alles-was-man-so-in-der-Küche-fmdet-Suppe, die allerdings keiner probierte, und aßen Spaghetti mit den Fingern.

Die zwei Wochen vergingen viel zu schnell. Und dann kamen meine Eltern um mich abzuholen. „Ich hoffe, sie hat dir nicht allzu viele Umstände gemacht?“, fragte meine Mutter. „Nein, nein. Mary kann jederzeit wieder kommen.“ Meinte Onkel Hugo. Ich umarmte ihn und sagte ihm und Frau Meier „Auf Wiedersehen“.

Auf der Rückfahrt fragte meine Mutter: „Und wie war's?“ „Cool!“, antwortete ich. „Echt?“, fragte meine Mutter erstaunt. „Das hätte ich nicht gedacht. Du weißt ja, wie ältere Menschen manchmal sind.“ „Wie sind ältere Menschen denn manchmal?“

Samantha-Josefine Clauß