Ich bin
Mia, 13 Jahre alt und wohne mit meinen Eltern in einem Häuserblock.
Vor einiger Zeit mussten sie übers Wochenende kurzfristig auf
eine Geschäftsreise, denn beide arbeiten in der gleichen Firma.
„ Für so etwas hat man doch seine Nachbarn“ , hat
meine Mutter gesagt. „ Na super“, hab` ich nur gedacht
und ich ging sie im Kopf alle durch. Da war die ausländische
Familie, die sozusagen in ihrer „ eigenen Welt“ lebt,
eine junge deutsche Familie, deren Kinder tagsüber und nachts
schreien ( ziemlich nervig sage ich euch!), und nicht zu
vergessen die alte Dame, die ein Stockwerk unter uns wohnt. Vor
einigen Jahren hat sie meine Eltern einmal zum Kaffeetrinken
eingeladen, doch seitdem besteht zwischen ihr und uns keine Beziehung
mehr.
„Du,
Mama, an wen hast du denn so gedacht? Wer soll mich für ein paar
Minuten besuchen kommen?“, habe ich gefragt. „ Nun ja,
ich glaube eigentlich, dass Frau Hansen (das ist die alte Dame) die
beste Betreuung für dich wäre.“ Betreuung –
wie das schon klingt! Total peinlich! Mensch Mama, ich bin doch schon
13!
Doch ich setzte mich nicht lange zur Wehr, denn ich war schon heilfroh, dass mir meine Eltern keine Ganztagsbetreuung bestellen wollten.
Nachdem
sie ihre Sachen gepackt hatten, verabschiedeten sie sich herzlich von
mir und fuhren später los. Ich würde die Zeit schon gut
überstehen, dass wusste ich. Nach einiger Zeit schaltete ich den
Fernseher ein, denn wenn ich schon die Chance hatte, Fernsehen zu
gucken (meine Eltern mochten das nicht so gerne), dann musste ich sie
auch nutzen. Ich schaute mir einen Film mit einem meiner
Lieblingsschauspieler an, und schon bald war es so spät, dass
ich ins Bett ging. „ Na super, klappt doch alles bestens“,
dachte ich nur. „ ahrscheinlich hat Mama nur vergessen Frau
Hansen Bescheid zu sagen.“ Ich brauchte nämlich keine
„Aufpasserin“. Und mit diesem beruhigenden Gedanken
konnte ich schnell einschlafen.
Doch es sollte nicht lange so weiter gehen. Gleich am nächsten Morgen kam Frau Hansen zu mir. Sie wollte mich zum Frühstück und danach zum „Einkaufsbummel“ einladen. Doch wahrscheinlich würde sich nachher herausstellen, dass der Einkaufsbummel nur ein kurzer Besuch im Wollgeschäft war, denn Frau Hansen strickte für ihr Leben gern, das hatte mir meine Mutter erzählt. Ohne mir darüber groß Gedanken zu machen, wimmelte ich sofort ab: „Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich habe meiner Freundin versprochen, sie besuchen zu kommen.“ Ich blickte in Frau Hansens enttäuschte Augen. Mit einer wirklich traurigen Miene ging sie zurück in ihre Wohnung. Ich bekam Zweifel. Hatte ich etwas Falsches getan? Nun, ich kann sie ja mal heute Nachmittag besuchen.
Ich
fuhr
zu Lilly, meiner besten Freundin und dann in den Supermarkt, um mir
noch eine tiefgekühlte Pizza zum Mittag zu kaufen. Ich stand
schon fast an der Kasse, da fiel mir ein, dass ich Frau Hansen eine
Packung Kekse mitbringen könnte.
Wieder zu Hause schob ich mir die Pizza in den
Ofen, und als ich mit dem Essen fertig war, ging ich zu der alten
Dame. Sie schaute etwas verwundert, ich glaube sie hat es gar nicht
erwartet, dass ich komme. In ihrer Wohnung setzten wir uns in ihr
Wohnzimmer und sie bot mir etwas zu trinken an. Ich legte die Kekse
auf den Couchtisch und hatte den Eindruck, dass sie sich sehr darüber
gefreut hat. Der Nachmittag verging wie im Fluge, was ich, wenn ich
ehrlich bin, gar nicht erwartet hatte, und im Laufe der Zeit bemerkte
ich, wie nett Frau Hansen war.
Wir
spielten „Mensch ärgere dich nicht“, schauten
Fernsehen (ziemlich interessante Sendungen, wenn ihr mich fragt),
erzählten uns Geschichten und lachten zusammen. Schließlich
zeigte mir Frau Hansen, wie man strickt, aber das wurde mir dann doch
etwas zu viel, sodass ich mich freundlich von ihr verabschiedete, und
als ich wieder zu Hause war, ins Bett ging. Auch dieses Mal konnte
ich schnell einschlafen, denn der Nachmittag mit Frau Hansen hatte
wirklich viel Spaß gemacht und mich total ermüdet.
Am nächsten Morgen kamen dann auch schon meine Eltern wieder. „ Wie war`s denn, mein Schatz?“, hat Papa nur gefragt. „ Och, eigentlich ganz gut“, habe ich ihm geantwortet. Auch Mama war sehr neugierig und stellte mir viele, viele Fragen.
Ich habe jedenfalls an diesem Wochenende gelernt, dass man auch mit alten Menschen, die man gar nicht richtig kennt, ziemlich viel Spaß haben und sich spannend unterhalten kann.
Lena Hammerich, Klasse 8c