Oma und Opa 'mal anders

Hallo Leute. Heute ist mal wieder mein 'Glückstag': Ich werde mit meinen Eltern zu meiner Oma und meinem Opa fahren. Ich bin 13 und soll noch ein Hemdchen anziehen, damit sie mich auf jeden Fall ganz toll finden. Naja, man darf darüber denken, was man will, aber ich finde es ehrlich gesagt schrecklich .... Allerdings bin ich auch ein wenig neugierig, weil ich meine Großeltern noch nie gesehen habe. Meine Mutter ist noch als Teenager zu Hause ausgezogen, irgendwie hatte sie sich wohl ziemlich mit ihren Eltern verkracht. Und danach, sagt meine Mutter, haben sie sich aus den Augen verloren. Uns erst in letzter Zeit haben sie wieder einen Kontakt hergestellt. Naja, so genau kenne ich die Geschichte nicht.

Ich habe mir schon viele Gedanken darüber gemacht, wie meine Großeltern wohl sein werden: Groß und sportlich, klein und unsportlich? Haben sie viele Falten? Sind sie nett? Sind sie streng? Ach, das hat ja doch keinen Sinn, ich werde mich wohl oder übel überraschen lassen müssen. „Maxilein, komm schon mal runter und kämme dir die Haare!“ 'Maxilein', das konnte nur meine Mutter sein. Wie ich diesen Namen hasste. Aber gut, ich muss mich den Wünschen meiner Mutter wohl fügen, wenn ich die nächsten 2 Jahre mein Taschengeld weiterhin beziehen möchte.

Zwei Stunden später sitzen wir dicht zusammen gezwängt in unserem alten VW. Außer mir gibt es nämlich noch meine Eltern und meine Geschwister, Susi und Jannik, in dieser Familie. Eigentlich sind sie alle ganz nett, nur wenn wir in unserem viel zu engen Käfer Auto fahren, kommen manchmal Aggressionen auf. Meine Geschwister wollen natürlich beide wieder Schiffe versenken spielen. Da ich der größte und älteste von uns dreien bin, muss ich hinten in der Mitte sitzen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie das ist, von zwei kleinen Geschwistern als Schreibtisch und Stifthalter benutzt zu werden. Bei dem Gedanken, noch zwei Stunden lang so herumzusitzen und sich nicht bewegen zu dürfen, wird mir ganz übel. Auf einmal überholt uns ein roter Ferrari. „WOW!“, denke ich. Ihr müsst wissen, ich bin ein Autofan, und diesem Modell mit mindestens 250 PS bin ich noch nie begegnet. „Fahr doch mal schneller, ich will mir dieses Auto näher ansehen“, rufe ich meinem Vater zu. „Wie denn, mit der alten Klapperkiste komm ich da nie hinterher!“, antwortet dieser leider wahrheitsgemäß. Also merke ich mir das Kennzeichen. Nach einer weiteren Stunde kommen wir an einem Rastplatz vorbei, an dem meine Geschwister anhalten wollen, weil ihnen schlecht ist. Irgendwie kein Wunder, wenn sie bei dieser Schaukelfahrt in einer Tour lesen. Da trifft es mich wie ein Schlag: Ein vergoldeter Jaguar fährt gerade die Ausfahrt hinaus. Das war 'mal wieder knapp, als ob ich der geborene Pechvogel bin. Naja, immerhin habe ich auch bei diesem das Kennzeichen. Ich sammle Kennzeichen von Autos, die mir gefallen. Wer weiß, vielleicht sehe ich 'mal eins wieder. Endlich geht es weiter. Nach einer weiteren halben Stunde Gezwänge kommen wir in Neustadt an. „Hier müssen irgendwo eure Großeltern wohnen, es dauert bestimmt nicht mehr lange“, meint mein Vater. Das sieht ihm ähnlich: Irgendwo in Neustadt wohnen sie. Neustadt ist eine große Stadt und wir werden bestimmt eine Weile brauchen, bis wir überhaupt das Haus der beiden gefunden haben.

Schneller als erwartet, nämlich schon nach einer halben Stunde Gesuche, stehen wir vor dem Haus, besser gesagt der Villa, unserer Großeltern. Groß ist sie, und bunt angemalt. Ich finde, das sieht ein wenig zu protzig aus, wahrscheinlich haben meine Eltern sich verfahren. „Kommt“, ruft meine Mutter. „Gleich lernt ihr eure Großeltern kennen. Seid ihr schon aufgeregt?“ Aufgeregt ist nicht das Wort, das auf mich zutreffen würde. Aber meine Geschwister scheinen sich zu freuen. „Juhuuuuu!“, rufen sie und rennen los. „Ich will klingeln!“ „Nein ich!“ Jetzt geht das schon wieder los. Am Ende klingelt doch meine Mutter. So ist es dann auch. Nach einer halben Minute öffnet sich die Tür endlich. Eine sehr alt aussehende Frau öffnet uns. „Wer sind Sie?“, fragt sie. „Mutter?“, bringt meine Mutter zögernd hervor. „Bist du es?“. Jetzt scheint die alte Frau zu verstehen. „Ach, Sie sind die Besucher. Kommen Sie herein. Setzen Sie sich schon einmal ins Wohnzimmer, meine Chefin und ihr Mann kommen gleich. Sie müssen wissen, ich bin die Köchin in diesem Haus. Mein Name ist Miranda.“ Also doch nicht meine Oma. Da bin ich aber erleichtert. Plötzlich hören wir Motorengeheul, welches mir verdächtig bekannt vorkommt. Ein Jaguar und einen Ferrari höre ich heraus. Ich laufe zur Tür und öffne diese. Mich trifft heute zum zweiten mal der Schlag: Die beiden Autos haben exakt dieselben Kennzeichen, wie die der beiden auf der Autobahn. Die Türen öffnen sich und aus dem Jaguar steigt eine Frau. Im selben Moment steigt auch aus dem Jaguar jemand aus: ein Mann, der ungefähr so alt aussieht wie mein Vater. Die Frau sieht auch ungefähr so alt aus wie meine Mutter, kann das sein? Sind das wirklich meine Großeltern? Es sieht wirklich so aus. Einen guten Geschmack, was Autos angeht, haben sie zumindest. „Hallo!“, rufen sie mir zu. „Du bist sicher Max. Wir freuen uns ja so, dass wir unsere Enkel endlich mal sehen, aber zieh erst mal dieses schrecklich feine Hemd aus!“ Da kommen meine Eltern an und es fängt die große Begrüßungsparty an. Umarmen hier, Wachstum der Enkel bestaunen da. Nach ein Paar Minuten geht es aber 'rein zum Kaffeetrinken. „Da stehen ja gar keine Kekse“, jammert Susi, und Jannik meint: „Und O-Saft auch nicht“. Kein wenig erstaunt drückt Oma einen Knopf in der Wand. Es öffnet sich im Dach eine Luke und aus dem Tisch fahren drei Gläser und zwei Tassen hervor. Aus der Luke kommen jetzt zwei Schläuche, die die gerade aufgetauchten Trinkbehälter mit dem gewünschten Getränk befüllt. Wir kommen alle aus dem Staunen nicht heraus. Als erstes findet Susi die Sprache wieder: „Und die Kekse?“ „Ach so, die Kekse“, antwortet Opa, „einen Moment.“. Mit diesen Worten zückt er ein Handy und wählt eine Nummer. „Damit kann ich alles in diesem Haus steuern. Das habe ich selbst gebaut!“ antwortet er nicht ohne Stolz.

Auf einmal öffnet sich ein Loch in der Wand. Heraus kommt ein Teller mit Keksen. „Miranda hat sie nur für euch gebacken“, sagt Oma und mit einem Augenzwinkern fügt sie hinzu: „und mir schmecken sie auch sehr gut“. Als wir mit dem Kaffee trinken fertig sind, zieht es mich nach oben. Irgendetwas höre ich dort, was mich stutzig macht. Oben angekommen sehe ich, was ich gehört hatte: einen Autosimulator, der sich irgendwie nicht wirklich gut fährt. Eine Stütze fehlt. „Den wollten wir schon lange reparieren, aber wir haben keine Ahnung davon“, meint Opa, der ohne irgendeinen Laut heraufgekommen ist. „Das trifft sich ja gut“, antworte ich. „Ich kenne mich mit so was ziemlich gut aus“. Und ohne noch weiter zu fragen, drückt mein Großvater mir die Bedienungsanleitung und einen Werkzeugkasten in die Hand. „Auf geht's!“, sagt Opa noch, und schon sitzen wir an dem Simulator und bastelten ihn wieder zurecht. Als wir fertig sind, setze ich mich hinein und drückte auf 'Start'. „Wow!“, rufe ich aus. Mein Großvater schmunzelt.

Nach den nächsten vier Stunden Hightech und Computerwunder in diesem Haus fiel ich erschöpft ins Bett. Einfach irre, was Großeltern drauf haben können. Ich weiß gar nicht, wie viele Sachen die mir noch zeigen werden in den nächsten 10 Tagen, die wir hier sind. Plötzlich kommt mir aus unerklärlichem Grund eine Frage auf: Wie alt sind Oma und Opa eigentlich? Ich werde sie morgen vielleicht mal fragen ...

Merlin Steuer