Schülerführung auf dem Friedhof

Am „Tag des offenen Denkmals" gewährten Schüler auf dem jüdischen Friedhof in Ahrensburg interessante Einblicke.


Ahrensburg/dah - Gebannt scharen sich die Besucher des jüdischen Friedhofs um Jana und Julia, knapp 50 Interessierte lauschen den Ausführungen der Schülerinnen. Pünktlich um 11 Uhr starten die beiden 15-Jährigen ihre Führung über den Friedhof am Wulfsdorfer Weg in Ahrensburg. Die Informationen, die sie weitergeben, haben sie aus dem Schulunterricht: Die Klasse 10b der Stormarnschule hatte sich mit der Geschichte des Ortes befasst - und beim „Tag des offenen Denkmals" am Sonntag standen die Schüler als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung.

Für das Engagement seiner Schüler ist Christian Spickermann voll des Lobes: Obwohl es den Schülern freigestellt war, sich nicht an dem Projekt zu beteiligen, hatten sich ausnahmslos alle Schüler freiwillig gemeldet - ohne Aussieht auf bessere Noten, wie der Lehrer betont. „Von der Judenverfolgung und Judenvernichtung haben alle ja schon gehört, bevor es im Unterricht thematisiert wird", so Spickermann, daher seien die meisten Schüler dafür sensibilisiert und auch neugierig, mehr zu erfahren.

So auch Jana und Julia, die die erste der drei Führungen an diesem Tag leiten. Sie erläutern ihrem Publikum die Geschichte des 1822 eingeweihten Friedhofes, erzählen über die Erleichterung der christlichen Bürger, dass die Juden, die als „Giftmischer und Brunnenvergifter" defamiert wurden, separat beerdigt wurden. Die Schülerinnen erklären die hebräischen Schriftzeichen auf den nach Jerusalem  ausgerichteten  Grabsteinen und warum der Friedhof absichtlich nur wenig gepflegt und weitestgehend der Natur überlassen wird.  Und sie berichten von der letzten Beisetzung 1923 und davon, dass der letzte Ahrensburger Jude 1941 deportiert wurde.

Heute gibt es wieder eine junge, kleine jüdische Gemeinde in der Schlossstadt. „Derzeit sind sie jedoch genug damit beschäftigt, die Struktur innerhalb der Gemeinde zu stärken", weiß Spickermann. Den Friedhof verwaltet der Zentralverband der jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein, der der Klasse erlaubt hat, die Führungen anzubieten. Üblicherweise ist das 840 Quadratmeter große Gelände nicht zugänglich - vielleicht mit ein Grund, warum mehr Besucher als von Spickermann erwartet zum Wulfsdorfer Weg kamen. „Wir haben 200 Info-Flyer drucken lassen", so der Lehrer, „und ich denke, die werden auch noch alle weggehen."

Nach etwa 20 Minuten ist die Führung von Julia und Jana vorbei, doch viele bleiben noch ein Weilchen, sprechen die 15-jährigen Mädchen an und fragen nach. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass so viele kommen", meint Jana: „Vielleicht hätten wir ein Mikrofon nehmen sollen, damit uns alle auch gut verstehen."

DANIEL AHRWEILER


Quelle:  Stormarner Tageblatt 11. September 2007 - Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verlags

Homepage der Stormarnschule Ahrensburg

 

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