Bank-Geheimnisse:
FDP-Urgestein
Werner Zywietz wird 70 Jahre alt. Der Außenminister
hat schon gratuliert
Ammersbek. Guido Westerwelle hat ihm bereits per Brief gratuliert und bedauert, dass er heute nicht dabei ist. Werner Zywietz, Ammersbeker FDP-Politiker, feiert seinen 70. Geburtstag mit Familie, Freunden und Weggefährten im "Pferdestall" in Ammersbek. Kurz vorm großen Ereignis hat er sich mit der Stormarn-Ausgabe des Abendblatts zu einem Rückblick getroffen.
Geboren 1940 im ostpreußischen Saleschen, prägen ihn
schon in frühen Jahren die Flucht und die Erfahrung, wie
vergänglich Leben, Eigentum und Heimat sein können. "Die
Frage, wie es dazu kam, hat mich politisiert", sagt Zywietz. Seine
spätere Motivation, in die Politik zu gehen.
Die Flucht endet 1945 in Hamburg, wo er mit seiner Mutter, dem
älteren Bruder Erwin und der gerade geborenen Schwester Marlies
bei Verwandten unterkommt. Der Vater war im Krieg gefallen. Das Motto
seiner Mutter bestimmt fortan sein Leben: "Was du im Kopf hast und dein
Ehrgeiz, das ist das, was bleibt."
1949 zieht die Familie nach Ammersbek. In der Dorfschule am
Bünningstedter Steenhoop werden mehrere Jahrgänge in einem
Raum unterrichtet. Werner Zywietz erlebt den Vorläufer der
heutigen Gesamtschule. 1959 macht er
sein Abitur an der Stormarnschule.
Vorm Studium kommt der Wehrdienst. Der 20-Jährige erlebt
deutsche Geschichte hautnah: "Als 1961 die Mauer gebaut wurde,
herrschte Ausnahmezustand, wir waren stramm kaserniert." Er wird
Reservist und ist 1962 als Fähnrich im Einsatz, als die
Flutkatastrophe Hamburg heimsucht. "Am Ende überreichte uns der
Hamburger Innensenator Helmut Schmidt den Flutorden", erzählt
Zywietz.
1964 tritt der Betriebswirtschaftsstudent in die FDP ein. Der
Ansatz, Eigenverantwortung mit gemeinschaftlicher Verantwortung zu
paaren, habe ihn von der Partei überzeugt. Nur zwei Jahre
später ist Werner Zywietz mit 25 Jahren jüngster
Kreistagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. In der Examensphase, kurz
nach seiner Hochzeit, erleidet er bei einem Autounfall auf der B 75
schwere Verbrennungen. Drei Monate liegt er im Krankenhaus. Er
kämpft sich zurück ins Leben, zielstrebig und ambitioniert.
1969 schließt er das Studium ab und kandidiert erstmals für
den Bundestag. Erfolglos. Der Diplom-Kaufmann steigt bei Esso auf
Führungsebene ein, doch die Politik lässt ihn nicht los.
1972 kandidiert er erneut - und wird gewählt. "Ich war Platz 4
auf der Liste und hatte mir keine großen Chancen ausgerechnet.
Als ich den Anruf im Büro erhielt, ich sei gewählt, habe ich
'Ihr spinnt' gesagt", sagt er. Er zieht für die FDP als
energiepolitischer Sprecher in den Bundestag ein. "Esso versicherte
mir, wann immer es mir nicht mehr in der Politik gefalle, könne
ich zurückkehren, ohne finanzielle Nachteile", sagt Zywietz noch
immer mit Anerkennung in der Stimme.
In besonderer Erinnerung ist ihm auch der Bundestagswahlkampf 1976
geblieben. Hans-Dietrich Genscher, damaliger Bundesinnenminister, will
ihn im Wahlkampf unterstützen. "Er sollte auf dem Ahrensburger
Rathausplatz sprechen", erinnert sich Zywietz, "ich war nur als Ansager
vorgesehen." Doch Genscher erleidet während der Anreise eine
Herzattacke, "ich wurde plötzlich zum Hauptredner". Und Genscher
wird in die Klinik Ahrensburg eingeliefert.
Bis 1983 bleibt er Vollzeit-Politiker - im Bundestag und
gleichzeitig, von 1977 bis 1979, auch als Mitglied des
Europäischen Parlaments. Dann beendet das konstruktive
Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt vorerst die
Politikkarriere.
Zywietz, mittlerweile FDP-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein,
kehrt zum Ölkonzern zurück. Die Ehe des mittlerweile
dreifachen Vaters ist indes gescheitert. "Die politische Tretmühle
ist kein familienfreundliches Unternehmen", stellt Zywietz
nüchtern fest.
1987 kehrt er in den Bundestag zurück und sitzt für die
FDP im Haushaltsausschuss. 1993 begleitet er Bundeskanzler Kohl nach
China. Die härtesten Jahre seien von 1990 bis 1994 gewesen, sagt
er. "Die Privatisierung der DDR, die Treuhandfragen, das war
intensivste Arbeit." Haushalt sei der Kern von Politik, sagt Zywietz
leidenschaftlich. Im ressortübergreifenden Haushaltsausschuss
werden Deals geschlossen: "Wenn du zugunsten meiner Bergbauern stimmst,
stimme ich für deine Werften", beschreibt er Absprachen mit
Münchner Kollegen.
1994 zieht er sich aus der Politik zurück. "Ein guter Abgang ziert jede Übung", zitiert er seinen Sportlehrer von der Stormarnschule. Vier Jahre leitet er noch das Philips-Büro in Bonn. Den Umzug nach Berlin nimmt Zywietz zum Anlass, endgültig in Rente zu gehen. Er kauft ein Haus auf Usedom - und lernt seine zweite Ehefrau Ülle aus Estland kennen. Mit ihr schmiedet er Pläne, eine Stiftung zu gründen. "Am liebsten wollen wir tüchtige Leute im Ost-West-Verhältnis fördern", verrät er. Das erklärt sich wohl aus dem Lebensweg. "Politik hat mein Leben auf hilfreiche Weise geprägt", sagt Zywietz, "das stand nicht an der Wiege geschrieben."